FAQ

FAQ


Wie gefährlich ist Staupe?

Die Staupe wird auch Carrésche Krankheit oder auf Englisch “canine distemper“ genannt. Auch die Gefahr durch Staupe wird meist stark überzogen dargestellt: Es handelt sich um eine Viruserkrankung, doch Staupe ist für Menschen nicht ansteckend, für Hauskatzen völlig ungefährlich und Hunde können einfach dagegen geimpft werden.

Trotzdem wird in den Medien oft eine regelreche Panik vor Staupe verbreitet, sobald in einer Region ein Fall festgestellt wurde. Häufig werden dann insbesondere Hundehalter gewarnt und angewiesen, Hunde nur an der Leine zu führen und den Impfstatus zu überprüfen. Jagdbefürworter nutzen Staupefälle gerne dazu, um die intensive Bejagung von Füchsen vermeintlich zu rechtfertigen und eine noch intensivere Bejagung oder die Abschaffung der Schonzeiten zu fordern. Dabei ist eine Übertragung von Staupe von Wildtieren wie z. B. Füchsen auf Hunde extrem unwahrscheinlich und die Fuchsjagd kein geeignetes Mittel, um die Staupe zu bekämpfen.

Staupe-Viren zählen zur Familie der Paramyxoviren. Das Virus kommt weltweit vor und neben Hundeartigen (Hunden, Wölfen, Coyoten, Füchsen) können durch eng verwandte Varianten des Virenstamms auch Musteliden/Marderverwandte (Marder, Dachse, Otter, Stinktiere, Vielfraße, Frettchen, Iltisse, Nerze, Wiesel), Procynoiden (z. B. Waschbären und Pandas), Großkatzen (Löwen, Tiger, Panther, Leoparden) sowie Robben betroffen sein. Hauskatzen (oder die in Deutschland selten vorkommenden Wildkatzen) erkranken an dem Virus jedoch nicht. Obwohl Staupe eng mit dem Masern-Virus verwandt ist, können Menschen nicht an Staupe erkranken.

Manchmal wird die (Hunde-)Staupe in Bezug auf Katzen fälschlicherweise mit der sog. Katzenstaupe gleichgesetzt oder verwechselt. Bei der Katzenstaupe handelt es sich jedoch um eine völlig andere Erkrankung, die mit der (Hunde-)Staupe nichts zu tun hat. Die Katzenstaupe wird auch als Katzenseuche, Katzenpest oder fachlich als Panleukopenie bezeichnet. Das Feline Panleukopenie-Virus ist allerdings eng mit der Parvovirus des Hundes verwandt anstatt mit der Staupe.

Das Staupe-Virus ist prinzipiell hochansteckend. Es kann durch direkten Kontakt mit einem infizierten Tier, durch Tröpfcheninfektion (über die Luft, z. B. durch Niesen oder Husten) oder Kontakt mit Körperflüssigkeiten wie z. B. Speichel, Schleim, Tränenflüssigkeit, Blut, Erbrochenem, Urin, Kot, oder anderen Körpersekreten übertragen werden. Auch über mit derartigen Körpersekreten kontaminierte Objekte kann theoretisch eine Ansteckung stattfinden. Das könnte z. B. ein Futter- oder Wassernapf sein, der draußen steht und gemeinsam von Wild- und Haustieren genutzt wird. Allerdings ist das Staupe-Virus in der Umwelt nur sehr kurzlebig, was das Risiko einer Ansteckung wiederum stark reduziert. In der Natur überlebt das Virus in warmem Klima nur 20 bis 180 Minuten und ist generell sehr empfindlich gegenüber Wärme, Austrocknen, Sonnenlicht, Seife und Desinfektionsmitteln. Lediglich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt oder darunter kann das Virus in der freien Umgebung mehrere Wochen überleben. In Bezug auf Hunde wird i.d.R. verschwiegen, dass die unterschiedlichen Staupe-Virenstämme, die bei Wildtieren vorkommen, gar nicht immer auch auf Hunde übertragbar sind.

Trifft allerdings das Staupe-Virus auf ein Tier, welches für die Erkrankung empfänglich ist, dann ist das durchaus gefährlich für dieses Tier und führt häufig zum Tod. Ein infiziertes Tier ist etwa 8 Tage nach der Infektion ansteckend, obwohl es selbst ggf. noch keinerlei Symptome zeigt. Die Symptome zeigen sich mit der Zeit, können äußerst vielfältig und unspezifisch sein. Dementsprechend sind die Krankheitsverläufe sehr unterschiedlich, aber letztendlich leider häufig fatal. Staupe kann in verschiedenen Phasen auftreten und befällt das Lymphsystem, Haut und Pfotenballen, die Augen, den Magendarmtrakt (gastrointestinale Form), die Atemwege (respiratorische Form) sowie andere Organe und schließlich das Gehirn (neurologische Form).
Symptome können sein: (eitriger) Ausfluss aus Augen und Nase, Entzündungen am oder im Auge, Durchfall, Fieber, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Zahnschmelzabbau, verhärtete bzw. verhornte Pfotenballen oder Nase, Husten, Schnupfen, schwere Atmung, Lungenentzündung, ungepflegtes Fell, offene und nässende Wunden auf der Haut, schlechter Allgemeinzustand, Dehydration, Lethargie, Zuckungen (sog. “Staupeticks“), Zittern, Krampfanfälle, Ruhelosigkeit, Überempfindlichkeit (z. B. gegenüber Berührungen und Geräuschen), motorische Störungen, Lähmungen (z. B. herunterhängende Mundwinkel), Desorientiertheit und zielloses Umherwandern (auch tagsüber), Verlust von Angst/Scheu.
Viele der Symptome ähneln den Symptomen von Tollwut, aber glücklicherweise gilt Deutschland bereits seit dem Jahre 2008 als frei von (terrestrischer) Tollwut und Staupe ist wie bereits gesagt im Gegensatz zu Tollwut nicht auf Menschen übertragbar.

Je nach Immunstatus des betroffenen Tieres und des Virenstamms können zeitweise auch gar keine Symptome oder alle Symptome gleichzeitig auftreten. Weil die Krankheitsverläufe und Symptome so vielfältig und unterschiedlich sind, ist diese Erkrankung oft schwer zu beurteilen und ohne Labordiagnostik nicht sicher zu diagnostizieren. Anhand der Symptome kann allenfalls ein Verdacht auf Staupe geäußert werden. Der zweifelsfreie Nachweis von Staupe beim lebenden Tier ist schwierig. Man kann Abstriche der Augenbindehaut oder der Mandeln oder das Blut untersuchen lassen.

Für Hunde ist der wirksamste und beste Schutz gegen Staupe die Prävention durch Impfung. Während Staupe in den 60er Jahren noch eine häufige Todesursache für Hunde war, konnten die Fälle von Staupe bei Hunden heute durch Impfungen auf ein Minimum reduziert werden. Gefährlich ist Staupe heute nur für ungeimpfte Hunde oder Hunde, die trotz Impfung keinen ausreichenden Impfschutz aufbauen konnten sowie für manche Wildtiere. Fachgerecht und erfolgreich grundimmunisierte Hunde erkranken nicht an Staupe. Staupe ist daher nur für sehr junge Welpen (vor der Immunisierung) oder immungeschwächte Tiere gefährlich. Die Sterblichkeit ist bei erkrankten Welpen sehr hoch. Man sollte, wenn man einen potentiell gefährdeten Hund hat, auf grundlegende Hygienemaßnahmen achten (Hände waschen), um das Risiko einer Übertragung des Virus aus der Umwelt auf den Hund zu minimieren. Junge Hundewelpen sollten keinen Kontakt zu fremden Hunden haben, bevor sie geimpft wurden und sich ein ausreichender Impfschutz aufgebaut hat. Generell sollten Hundehalter darauf achten, dass die Hunde nicht durch Parasiten geschwächt sind (ggf. regelmäßig entwurmen), eine ausgewogene Ernährung erhalten, ein normales Gewicht haben, genügend Bewegung und Beschäftigung haben, fit sind und keinen Stress haben. Überzüchtete Hunderassen oder Tiere aus schlechter Zucht (Inzucht, schlechte Haltungsbedingungen, Unterernährung, etc.) sind ebenso anfälliger. Da das Staupe-Virus in der Umgebung nur für kurze Zeit überleben kann, ist sehr unwahrscheinlich, dass sich ein Hund mit Staupe infiziert, indem er sich in der freien Umgebung bewegt.

Wenn es dennoch zu einer Staupe-Infektion und zum nachweislichen Ausbruch der Staupe kommt, fällt die Prognose leider meist schlecht aus. Sobald ein Tier Symptome wie z. B. eine Infektion des Magendarm-Traktes oder der Atemwege zeigt, ist eine vollständige Heilung unwahrscheinlich, wenn auch nicht unmöglich. Wenn die Erkrankung die neurologische Phase erreicht, verschlechtert sich die Prognose nochmals deutlich, da die neurologische Form üblicherweise nicht mehr aufzuhalten ist, zu neurologischen Schäden führt und meist tödlich endet. Überlebt ein Tier eine Infektion, ohne (scheinbar) die neurologischen Phase zu erreichen, so kann das Virus dennoch über Jahre hinweg weiter im Gehirn überleben und dort langsam zu Folgeschäden führen (Blindheit, Demenz). Weitere Spätfolgen von Staupe können Schäden an Verdauungstrakt, Herz, Lunge, Augen und Zähnen (Staupegebiss) sein sowie motorische Störungen, Lähmungen und Anfallsleiden. Spätestens wenn die neurologischen Schäden und die daraus resultierenden Einschränkungen zu groß werden und die Lebensqualität zu stark beeinträchtigen, ist eine Einschläferung zu empfehlen.

Eine Behandlung wird im Wesentlichen symptomatisch durchgeführt. Letztendlich muss das Immunsystem das Virus selbstständig bekämpfen. Es gibt Fälle, in denen bei Hunden eine unterstützende Behandlung erfolgreich sein kann. Die Behandlung ist aber komplex und aufwändig. Sie erfordert eine intensive stationäre Behandlung unter strengen Hygienemaßnahmen. Eine solche Behandlung ist einem scheuen Wildtier nicht zumutbar und daher i.d.R. nur für Haustiere anwendbar. Trotzdem gibt es auch dann keine Garantie für einen Erfolg der Behandlung. Häufig scheinen Symptome der gastrointestinalen oder respiratorischen Form sich zu verbessern, aber die Erkrankung tritt dabei häufig nur in die nächste Phase über bis sie schließlich in der neurologischen Form endet. Und selbst wenn die Behandlung erfolgreich ist, können trotzdem bleibende Schäden entstehen, die bei einem Wildtier eine Auswilderung unverantwortbar machen würden. Aufgrund dieser Schwierigkeiten wird bei einer bestätigten Staupeerkrankung bei einem scheuen Wildtier i.d.R. zur Euthanasie geraten.

Über die Sinnlosigkeit der Jagd im Kampf gegen Viruserkrankungen habe ich beim Thema Tollwut bereits etwas geschrieben. Für Staupe gelten im Prinzip genau dieselben Anmerkungen wie bei der Tollwut: Man kann die Ausbreitung von Viruserkrankungen nicht durch die Jagd verhindern. Da die Fuchsjagd in Deutschland den Bestand nicht reguliert oder nachhaltig reduziert, kann man keineswegs argumentieren, dass durch eine angebliche Reduzierung der Bestandsdichte eine Ansteckung von Wildtier zu Wildtier seltener wäre. Unzweifelhaft ist jedoch, dass es durch die Jagd zur Zerstörung von Revier- und Sozialstrukturen bei Füchsen kommt. Während Füchse versuchen, diese Strukturen wiederherzustellen kommt es zu einer erhöhten Kontaktrate zwischen den Tieren (Revierstreitigkeiten, Rangordnungskämpfe), wodurch das Risiko einer Übertragung von Krankheiten ansteigt. Zudem führt der hohe Jagddruck zu Stress, welcher das Immunsystem aller Wildtiere beeinträchtigen kann. Die Jagd trägt auch dazu bei, dass die Lebenserwartung von Füchsen in Deutschland unter 2 Jahren liegt. Das führt dazu, dass sich immunstarke Alttiere, die auch für Staupe ggf. nicht mehr anfällig wären, nicht herausbilden können. Doch für einen gesunden Wildbestand wäre es wichtig, dass Tiere lange genug leben dürfen, so dass sich Immunitäten ausbilden können und diese Immunitäten von den Alttieren an ihre Nachkommen weitergegeben werden können. Durch die Jagd wird das verhindert und die wenigen wichtigen Immunträger werden genauso wie alle anderen Füchse einfach getötet. Die Hobbyjagd, bei der jährlich hunderttausende von gesunden Füchsen in Deutschland getötet werden, war und ist somit im Kampf gegen Viruserkrankungen wie z. B. Staupe völlig kontraproduktiv und sollte im Hinblick auf einen gesunden Wildtierbestand auch aus vielen anderen Gründen unterlassen werden.

(Stand: 16.06.2017)