Hilfe für Rotfüchse

Welche Grundvoraussetzungen muss man erfüllen, wenn man Pflegestelle für Füchse werden möchte?


Als Betreiber eines Hilfsnetzwerks für Füchse erreichen mich häufig Anfragen von Menschen, die sich als Pflegestelle oder “Päppelstelle“ anbieten möchten. Häufig ist damit auch die Frage verbunden, welche Grundvoraussetzungen man erfüllen muss, um sich im Bereich der Wildtierpflege für Füchse engagieren zu können. Im folgenden Text möchte ich die meiner Erfahrung nach wichtigsten Voraussetzungen kurz beschreiben:

Grundeinstellung

Zunächst braucht man die richtige Einstellung, wenn man eine seriöse Pflegestelle für Füchse werden möchte. Leider vertreten manche Leute die Ansicht, es sei einfach und problemlos möglich, Füchse sogar in der Wohnung aufzuziehen und später vom Wohnhaus aus auszuwildern oder irgendwo auszusetzen. Das ist nicht so. Oft landen ein paar Wochen später Anfragen nach kompetenten Pflegestellen für eben diese Füchse bei mir auf dem Schreibtisch, weil die Leute damit völlig überfordert sind oder die ausgesetzten Füchse irgendwo als vermeintliche “Problemfüchse“ bei anderen Leuten im Garten auftauchen. Viele dieser Füchse sind dann leider bereits stark fehlgeprägt oder haben durch eine völlig falsche Unterbringung/Versorgung/Ernährung bleibende körperliche oder geistige Schäden erlitten. Daher sage ich deutlich: Füchse sind keine Haus- oder Kuscheltiere. Es sind Wildtiere mit sehr speziellen Bedürfnissen und was aus falsch verstandener “Tierliebe“ gut gemeint sein mag, besiegelt oft ein schreckliches Schicksal für Füchse in unseriösen Pflegestellen.

Füchse müssen unter Artgenossen aufwachsen, artgerecht (d. h. auch mit ganzen Beutetieren wie etwa Eintagsküken) gefüttert werden, artgerecht untergebracht werden (also in einem möglichst naturnahen Außengehege) und jeder unnötige Kontakt zu Menschen oder gar Haustieren wie Hunden oder Katzen muss vermieden werden, damit die Füchse nicht fehlgeprägt, sondern scheu werden und zum Zeitpunkt der Auswilderung gut auf ihr Leben in Freiheit vorbereitet sind.

In den ersten Lebenswochen der Füchse ist ein engerer Kontakt zum Menschen und eine Unterbringung im Haus zwar kaum zu vermeiden, weil man sie natürlich warmhalten und alle 2-3 Stunden bei Tag und Nacht mit dem Fläschchen füttern muss. Aber sobald sie selbständig aus einer Schale trinken/fressen können (etwa im Alter von 3-4 Wochen), muss man den Kontakt auf das Nötigste beschränken und sollte eine weitere Bindung zum Menschen konsequent vermeiden. Viele Leute können das nicht und lassen sich dazu hinreißen, die Füchse zu vermenschlichen und ständig zu “betüddeln“. Das ist aber bei gesunden, wilden Jungfüchsen ebenso wenig im Sinne der Tiere wie unnötige Präsenz von Menschen (z. B. durch die Pflegekraft, aber auch durch Publikumsverkehr/Besucher) an oder in einem Fuchsgehege, das Füttern aus der Hand, unnötiges Handling (wie etwa ständiges Einfangen, Anfassen, Streicheln oder auf den Arm nehmen) oder gar Fotoshootings mit Menschen.

Lokale und räumliche Gegebenheiten

Allerspätestens wenn die Füchse entwöhnt sind (also im Alter von 6-8 Wochen), braucht man ein mindestens 20 Quadratmeter großes, fuchssicheres Außengehege, in dem die Füchse von da an untergebracht werden. (Für eine kurzzeitige Pflege von Füchsen wird das als absolute Mindestgröße angesehen. Gemäß Säugetiergutachten müsste ein Fuchsgehege allerdings noch deutlich größer sein und es wäre denkbar, dass das örtliche Veterinäramt auf die Vorgaben aus dem Säugetiergutachten besteht.) Abgesehen davon sollte man nicht unterschätzen, wie agil und zerstörerisch Füchse sein können. Sie haben unvorstellbar viel Energie, langweilen sich schnell und sind wahre Ausbruchskünstler. Dadurch werden auch besondere Anforderungen an Stabilität und Einrichtung eines Geheges gestellt.

Zudem braucht man ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn, denn Füchse auf dem Grundstück – egal ob als Säuglinge noch im Haus oder später im Außengehege – fallen auf, sei es durch ihre Laute (vor allem auch nachts!) oder durch den typischen Fuchsgeruch. Wenn die Nachbarn damit ein Problem haben, bekommt man schnell Ärger und das geht i.d.R. nicht gut für die Pflegefüchse aus. Ideal ist natürlich, wenn man ohne direkte Nachbarn naturnah und abseits vom Siedlungsbereich wohnt oder dort ein befriedetes Grundstück besitzt, auf dem man ein Gehege errichten kann.

Den Plan bis zum Ende durchdenken: Auswilderungsmöglichkeiten

Beim Anblick niedlicher Fuchswelpen stellt sich bei Außenstehenden oft eine zu romantische Vorstellung von der Wildtierpflege ein. Manche Menschen wollen dann „auch mal so einen Fuchswelpen päppeln“, verdrängen dabei aber, dass das Ziel in der Wildtierpflege am Ende stets die Auswilderung der gesunden Pfleglinge sein muss. Eine Gruppe von Jungfüchsen aufzuziehen und sinnvoll auf ihr Leben in Freiheit vorzubereiten, ist eine verantwortungsvolle und aufwändige Aufgabe. Es gibt allerdings viel mehr Pflegestellen als Auswilderungsstellen. Daher muss man sich besonders über die Auswilderung frühzeitig Gedanken machen und konsequent darauf hinarbeiten. Man sollte von Anfang an eine vernünftige Strategie zur Auswilderungsvorbereitung verfolgen und auch sehr frühzeitig eine gute Auswilderungsmöglichkeit schaffen, um den Füchsen schließlich einen bestmöglichen Start in ihr wildes Leben ermöglichen zu können. Füchse zur “Auswilderung“ einfach irgendwo hinzubringen und sie in die unbekannte Natur in ein fremdes Fuchsrevier zu entlassen (der sogenannte Hard-Release) bietet denkbar schlechte Voraussetzungen für deren Überleben. Viele der mühevoll aufgezogenen Pflegefüchse haben es bei dieser Art der Auswilderung schwer, Nahrung und Schutz zu finden, müssen Auseinandersetzungen mit der lokalen Fuchspopulation fürchten und sind bei ihren Wanderungen besonders anfällig für Gefahren wie Straßenverkehr oder Jagd. Der Hard-Release ist also aus denselben Gründen als nicht tierschutzgerecht zu betrachten, wie eine Umsiedelung von Füchsen (siehe LINK). Bei Pflegefüchsen kommt jedoch noch erschwerend hinzu, dass die Jungfüchse noch etwas unerfahren sind und das Leben in freier Wildbahn noch nicht kennengelernt haben. Der Hard-Release wird daher von mir persönlich als Auswilderungsmethode abgelehnt.

Die beste Methode zur Auswilderung ist der sogenannte Soft-Release, wofür man allerdings ein separates Auswilderungsgehege in der freien Natur benötigt. Zum Zeitpunkt der Auswilderung sollten die Füchse bereits einige Wochen im Auswilderungsgehege gelebt haben. Wenn dann die Türen geöffnet und noch einige Wochen weiterhin Nahrung am/im Gehege bereitgestellt wird, können die Füchse von dem ihnen bekannten Rückzugs- und Versorgungsstandort wesentlich gefahrloser die Natur vor Ort sowie die umgebenden Regionen auskundschaften. Da diese Form der Auswilderung besonders schonend ist, sollte sie als Optimum angestrebt werden.

Als Kompromiss zwischen beiden Methoden hat sich der sogenannten Box-Release bewährt. Hierbei werden die Füchse in kleinen Gruppen in einer Art Kunstbau ausgewildert. Diesen Kunstbau – i.d.R. in Form von einer Holzbox mit zwei kurzen Tunneln als Eingänge und einem Kessel in der Mitte – sollten die Füchse bereits als Welpen als sicheren Rückzugsort kennengelernt haben. So kann er ihnen nach der Auswilderung als bekannter Rückzugsort in der neuen, fremden Umgebung dienen, während man genau wie beim Soft-Release weiterhin Nahrung am Auswilderungsort bereitstellt, um die Versorgung der Füchse in den ersten Wochen in Freiheit sicherzustellen.

Bevor man Füchse aufnimmt, sollte man also wissen, wie und wo man sie auswildern kann. Gegen Ende der Saison noch Auswilderungsplätze über anderen Pflegestellen oder Auswilderungsstationen zu finden, ist oft unmöglich und das Schicksal der Füchse dann ungewiss. In den meisten Bundesländern benötigt man rechtlich gesehen auch leider eine Genehmigung/Absprache mit dem für das Gebiet zuständigen Jäger oder der Jagdbehörde, um einen Fuchs legal auswildern zu dürfen. Ein guter Kontakt zu einem Jäger, der in seinem Revier keine Füchse bejagt, wäre dabei natürlich sehr hilfreich, besteht aber leider in den allermeisten Fällen nicht.

Finanzielle Mittel

Auch eine ganze Menge Geld braucht man: Ein vernünftiges, sicheres Fuchsgehege, welches gerade die Mindestanforderungen erfüllt, kostet zwischen 1000 und 2000 Euro. Die Aufzucht/Pflege kostet pro Fuchs und Monat alleine für das Futter nochmal zwischen 50 und 80 Euro. Hinzu kommen die Tierarztkosten, im besten Fall zumindest für Impfungen und Entwurmung. Da Füchse nicht alleine gehalten werden dürfen, sondern bei Welpen idealerweise Gruppen von 3 bis 5 Füchsen gebildet werden sollten, kommt da in den etwa 6 Monaten von der Aufnahme bis zur Auswilderung ein ordentlicher Betrag zusammen. Zusätzliche Kosten entstehen ggf. für ein Auswilderungsgehege und natürlich die weitere Versorgung in der Übergangsphase nach der Auswilderung. Diesem finanziellen Aufwand muss man sich bewusst sein.

Sachkunde und Kontakte

Und natürlich muss man genau wissen, was man tut. Füchse haben teilweise sehr spezielle Anforderungen, was Pflege und Unterbringung betrifft. Man muss Charakter und Verhalten der Füchse einschätzen können, um Hinweise auf Stress, Schmerzen, Verletzungen oder Krankheiten frühzeitig erkennen zu können. Vieles lässt sich dabei nicht von Erfahrungen mit Haustieren oder anderen Wildtieren auf Füchse übertragen! Man benötigt also Fachwissen und eine gewisse Sachkunde. Es kann auch sein, dass manche Veterinärämter einen Sachkundenachweis fordern.

Ein guter Kontakt zum örtlichen Veterinäramt ist ohnehin von Vorteil. Leider können die Vorschriften und Auflagen zur Wildtierpflege von Bundesland zu Bundesland und auch von Veterinäramt zu Veterinäramt sehr unterschiedlich sein. Einheitliche Regelungen gibt es kaum und es herrscht leider in diesem Bereich oft auch eine gewisse Willkür seitens der Ämter. Es macht daher Sinn, von Anfang an eine ehrliche Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt anzustreben, die nötigen Vorgaben zu erfragen und konsequent zu erfüllen. Nur so kann sichergestellt werden, dass nicht irgendwann ein Mitarbeiter des Veterinäramts oder die Polizei vor der Türe steht und es Ärger (i.d.R. zu Lasten der Tiere) gibt. Obwohl – oder gerade weil – die meisten Veterinärämter weder über eine ausgeprägte Sachkunde in Bezug auf Füchse, noch über Erfahrungen mit der Pflege und Auswilderung von Füchsen verfügen, sollte man frühzeitig den Kontakt suchen. Schließlich hat man als seriöse Pflegestelle nichts zu verbergen und sollte grundsätzlich auch eine gewisse Überwachung im Sinne der Tiere gutheißen. Denn “schwarze Schafe“ gibt es im Bereich der Wildtierpflege leider zu Hauf…

Idealerweise sollte man auch eine enge Zusammenarbeit und einen guten Erfahrungsaustausch mit anderen seriösen und erfahrenen Wildtierstationen pflegen. Zudem braucht man einen fuchsfreundlichen und wildtierkundigen (!) Tierarzt in der Region, der die medizinische Versorgung (Impfungen, Entwurmung, Notversorgung, Wundversorgung, usw.) sicherstellen kann. Da es leider oft schwierig ist, eine geeignete Tierarztpraxis zu finden, muss man sich frühzeitig um geeignete Kontakte bemühen und persönlich abklären, ob Füchse dort im Fall der Fälle auch wirklich behandelt werden. Nur so weiß man später im Notfall sofort, an wen man sich wenden kann und verliert keine wertvolle Zeit, in der ein Tier unnötig leiden oder gar sterben muss.

Weitere Anforderungen

Was man noch braucht sind Zuverlässigkeit, Durchhaltevermögen, Herz, Kraft und gute Nerven: Die Pflege von Füchsen ist körperlich und mental fordernd. Man erlebt viele schreckliche und traurige Dinge, sieht viel Leid, lernt auch einiges über Menschen und ist teilweise dem erschreckenden Hass von Leuten ausgesetzt, die Füchse als Schädlinge oder lebendige Zielscheiben bei der Jagd betrachten… Auch mit Bürokratie, Gesetzen und Behörden muss man sich intensiv auseinandersetzen. Zuletzt muss man auch sich selbst gegenüber ehrlich genug sein um sich einzugestehen, wenn man etwas nicht weiß. Man muss die Grenzen der eigenen Belastbarkeit sowie der eigenen Möglichkeiten im Wildtierschutz (z. B. die vertretbare Aufnahmekapazität der eigenen Pflegestelle) kennen und konsequent beachten und man darf sich nicht davor scheuen, ständig dazuzulernen, an sich zu arbeiten und auch Kritik, Rat und Hilfe von anderen Pflegestellen anzunehmen.

Wie geht es nun weiter?

Wenn Du den Text bis hier hin gelesen hast, die Anforderungen erfüllen kannst und nach diesen ersten Infos bei Dir weiterhin ein ernstes Interesse daran besteht, eine Pflegestelle für Füchse einzurichten, stehen die Chancen nicht schlecht. Wir können dann gerne idealerweise außerhalb der stressigen Hauptsaison (also im Herbst/Winter) persönlich in Kontakt treten und uns nochmal ausführlicher über Anforderungen und Möglichkeiten austauschen.

Ich freue mich über jeden Menschen, der aktiven Wildtierschutz seriös und kompetent betreiben möchte und helfe gerne dabei, neue Pflege-/Auswilderungsstellen aufzubauen. Dazu kann ich dann ggf. auch noch weitere Dokumente (Literaturempfehlungen, Rechtsvorschriften, einen “Standard“ für die Pflege von Füchsen, etc.) zur Verfügung stellen. Außerdem kann ich ggf. Kontakte zu anderen Pflegestellen oder fuchskundigen Tierärzten in Deiner Region vermitteln und Tipps zum Bau eines sicheren Fuchsgeheges liefern.

(Stand: 21.06.2020)